galerie imaginaire
Bernhard Nürnberger_ galerie-imaginaire
2011_Ausstellung_Sakristei des Dominikanerklosters Prentzlow,
(s. u.):
Primo von Randow ist irritiert
VON MALTE WIENEBÜTTEL
Begrüßt wird der Besucher der Sakristei im Dominikanerkloster von einem Gesicht, das ihn verschmitzt, schräg von unten anschaut. Es ist ein fein geäderter, rosafarbener Kalkstein, ein typisches Kopfstück, wie Bernhard Nürnberger seine Skulpturen nennt. Der Maler und Bildhauer lebt und arbeitet seit 11 Jahren mit seiner Frau Karin Christiansen, die hier zuvor ihre Holzskulpturen gezeigt hatte, in Wollschow bei Brüssow.
Betritt der Besucher den Raum, so stellt er fest, dass mit ihm schon etliche andere Kunstfreunde anwendend sind. Zwei Dutzend steinerne Gesichter , locker im Raum gruppiert, scheinen auf ein Objektarrangement zu blicken. Ein hohes kubisches Stahlgestänge, in dem oben ein „Gesichterhaltegestrüpp“ schwebt. So nannte es ein etwa elfjähriger Besucher. In sich verschlungene, weiß gestrichene Glyzinenstränge, an denen Keramikgesichter befestigt sind. Ich sehe darin „Das Gerücht“, sagte seine Mutter. Darunter schwebt, bizarr verdreht, eine menschliche Figur. Grotesker Porzellankopf, zerschlissener, fleckiger und weit klaffender Synthetikmantel, daraus hervorspießende Hartriegelzweige. Bernhard Nürnberger habe die Figur aus dem Untergrund seiner Hofstelle in Wollschow ausgegraben, „Der Mantel stammt von Edith K., die dort gewohnt hat,“ sagt er.
In der Sakristei scheint der Untergrund ebenfalls geöffnet zu sein. Ein rot-weißes Flatterband hindert den Besucher hineinzufallen. Blickt man in eine Gruft unterhalb der Sakristei? Darinnen die hängenden Objekte, spiegelbildlich. Tief wie hoch, der gewölbte Raum und die Dinge stehen auf dem Kopf. Was ist Realität? Was ist Vorstellung? Was ist wirklich, was wahr, was Fantasie? Unser Besucher kann in den vielfältigen, mimischen Ausdrücken der Steinköpfe seine eigenen Empfindungen und Fragen gespiegelt sehen. Oder er lässt sich vom Reiz und von der Schönheit des Gesteins verzaubern, in die die Physiognomien eingemeißelt sind. Dass die Objektinstallation mit dem Namen FIRLEFANZ hier im Kloster allein seiner Fantasie entsprungen sei, bestreitet der Künstler schmunzelnd. „Das wäre eine Unterstellung." Jeder, der hier reinkommt, ist mit seinen Ideen beteiligt. Alles fließt, im Untergrund und in den Köpfen.“ Zu wünschen ist, dass der Besucher den Kopf oben, heiter und heil den Ort verlässt.
20. 10. 2010